4 Teil 5: V-Modell-Referenz Produkte

4.3 Produkte

4.3.8 Systemspezifikationen

4.3.8.2 Systemspezifikation

Vorgehensbaustein

Systemerstellung

Sinn und Zweck

Die Systemspezifikation beschreibt alle funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen an ein Systemelement (System, Unterstützungssystem oder Segment). Zur Erstellung einer Systemspezifikation werden die Anforderungen aus den Spezifikationen übergeordneter Systemelemente beziehungsweise der Gesamtsystemspezifikation abgeleitet. Die Spezifikation dient als Vorgabe und Hilfsmittel zu Entwurf und Dekomposition der Architektur. Sollten im Laufe der weiteren Entwicklung des Systemelements Änderungen nötig sein, ist zunächst immer die Systemspezifikation anzupassen. Die Prüfspezifikation Systemelement definiert die Prüffälle zum Nachweis der Schnittstellen und Anforderungen der Spezifikation.

Wesentliche Inhalte der Systemspezifikation sind die Beschreibung der Anforderungen an das Systemelement und die Festlegung der Schnittstellen, die es zu bedienen hat. Zusätzlich wird die Verfeinerung und Zuordnung von Anforderungen und Schnittstellen zu untergeordneten Systemelementen beschrieben.

Im Rahmen der Anforderungsverfolgung wird sichergestellt, dass alle Anforderungen an das Element bei der Verfeinerung auf die nächste Hierarchieebene berücksichtigt werden. Die Erstellung der Systemspezifikationen erfolgt Hand in Hand mit dem Architekturentwurf des Systems bzw. eines Unterstützungssystems. Zur Sicherstellung der Konsistenz zwischen Spezifikationen und Architektur ist der Systemarchitekt verantwortlich für die Erstellung der Produkte.

Anforderungen aus der Systemspezifikation können sich auf die Spezifikation Logistische Unterstützung auswirken. Ebenso können Anforderungen der Logistik die Systemspezifikation beeinflussen.

Wann ist das Produkt entscheidungsrelevant?

Entscheidungspunkt

System entworfen

Wer ist beteiligt?

Verantwortlich

Systemarchitekt

Mitwirkend

Ergonomieverantwortlicher, IT-Service-Design-Verantwortlicher, Prüfer, Systemintegrator

Womit kann das Produkt erstellt werden?

Werkzeuge

Anforderungsmanagement

Integrierte Entwicklungsumgebung

Modellierungswerkzeug

Methoden

Anforderungsanalyse

Prototyping

Systemanalyse

Welche Vorlagen sind verfügbar?

Vorlagen

Produktvorlage wird generiert.

Beispielprodukte

Keine

Wie erstellt man das Produkt?

Aktivität

Systemspezifikation erstellen

Bei der Spezifikation sind für das jeweils zu beschreibende Systemelement (System, Unterstützungssystem , Segment) die Anforderungen und Schnittstellen festzulegen und präzise zu beschreiben.

Zur Erstellung der Spezifikation werden Schnittstellen und nicht-funktionale Anforderungen an das Systemelement ermittelt. Daran schließen sich parallel die Verfeinerung und Zuordnung dieser Schnittstellen und Anforderungen an, basierend auf dem übergeordneten System oder Segment. Die Designentscheidungen sind in der Systemspezifikation zu dokumentieren. Sofern sich die erarbeitete Realisierung als tragfähig erweist, kann zur Verfolgung der Anforderungen übergegangen werden. Trifft dies nicht zu, ist die Realisierung zu überarbeiten.

Anforderungen werden üblicherweise in Textform beschrieben. Die Spezifikation der Schnittstelle kann unterschiedlich formalisiert werden. Üblich ist die Verwendung von grafischen Beschreibungsmethoden in Kombination mit erklärendem Text.

Folgende Teilschritte sind dabei enthalten:

Welche Abhängigkeiten hat das Produkt?

Erzeugt durch

Systementwurf

Systemspezifikationen

Erzeugt

Das Produkt erzeugt keine weiteren Produkte.

Hängt inhaltlich ab von

Systementwurf

Systemspezifikationen

4.3.8.2.1 Systemelementüberblick

Der Systemelementüberblick gibt einen groben Überblick über das zu realisierende Systemelement. Aufgaben und Ziele des Systemelements werden überblickartig beschrieben sowie seine Rolle innerhalb des Systems beziehungsweise Unterstützungssystems dargestellt.

4.3.8.2.2 Schnittstellenbeschreibung

Eine Schnittstelle repräsentiert die Grenze eines Systemelements zu seiner Umgebung. Sie beschreibt, welche Daten an der Systemgrenze ausgetauscht werden, und die logischen Abhängigkeiten. Damit definiert die Schnittstelle die Dienste, die vom Systemelement zu erbringen sind. Ein Systemelement kann mehrere Schnittstellen unterstützen.

In der Schnittstellenbeschreibung werden die funktionalen Anforderungen an das Systemelement gesammelt, alle Schnittstellen festgelegt und im Zusammenhang dargestellt. Zusammen mit den nicht-funktionalen Anforderungen enthält die Schnittstellenbeschreibung die notwendigen Informationen zur Entwicklung des Systemelements. In der Schnittstellenbeschreibung werden neben den Schnittstellen zu anderen Systemelementen auch die Schnittstellen zur Umgebung beschrieben, wie die Mensch-Maschine-Schnittstelle oder Schnittstellen zu Unterstützungssystemen.

Die Beschreibung der funktionalen Schnittstelle teilt sich in die Beschreibung ihres statischen und dynamischen Verhaltens auf. Das statische Verhalten legt die Struktur der Schnittstelle fest, über die Funktionalitäten des Systemelements genutzt werden können. Das dynamische Verhalten bestimmt die Reihenfolge der Nutzung und die logischen Abhängigkeiten der übermittelten Daten und Signale.

Inhalt und Beschreibung der Schnittstellen können variieren, je nachdem, ob es sich um HW- oder SW-Anteile des Systemelements handelt. HW-Anteile werden durch die Angabe von elektrischen und mechanischen Daten spezifiziert, SW-Anteile durch die Beschreibung von Methoden, Parametern und Informationen zum Verhalten.

Zu den statischen Elementen einer HW-Schnittstelle zählen beispielsweise Angaben zu elektrischen Leistungsdaten (Leistung, Spannung, Strom, Frequenz, Polarität), Angaben zur mechanischen Auslegung (Steckertyp, Steckerbelegung, Kabeltyp) oder Angaben zum technischen Aufbau (Funktionsaufruf und Parameterliste, Übertragungsrichtung, Layout einer Nutzerschnittstelle). Zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens zählen beispielsweise die Festlegung von Kommunikationsprotokollen und deren Spezifikationen, die Beschreibung von Synchronisationsmechanismen sowie Hinweise zur Benutzung und Bedienung der Schnittstelle.

Das statische Verhalten einer SW-Schnittstelle legt die Struktur der Aufrufe fest, über die Dienste des SW-Elements genutzt werden können. Zur Beschreibung dienen insbesondere Methodensignaturen und Definitionen von Datentypen. Das dynamische Verhalten bestimmt die Reihenfolge, in der Aufrufe erfolgen können. Zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens werden häufig Ablaufdiagramme (Sequenzdiagramme, Message Sequence Charts) oder Zustandübergangsdiagramme verwendet.

Grundlage für die Schnittstellenbeschreibung sind die Schnittstellenübersicht der Architektur sowie die Schnittstellenrealisierungen der Systemspezifikationen übergeordneter Systemelemente.

Die Schnittstellenbeschreibung sollte sich daran orientieren, ob eine Wiederverwendung bereits bestehender Systemelemente möglich ist. Darüber hinaus ist bei der Beschreibung der Schnittstellen darauf zu achten, dass die Schnittstellen stabil sein sollen, und damit eine möglichst lange Nutzung des Systemelements möglich wird.

4.3.8.2.3 Nicht-funktionale Anforderungen

Neben den funktionalen Anforderungen hat ein Systemelement eine Reihe von nicht-funktionalen Anforderungen zu erfüllen. Häufig geforderte nicht-funktionale Anforderungen an ein System sind beispielsweise Qualitäts-Merkmale wie Leistung, Sicherheit, Verfügbarkeit, Performance und Wartbarkeit.

Die nicht-funktionalen Anforderungen werden im Detail beschrieben und mit den konkret geforderten Werten belegt. Die für das Systemelement relevanten nicht-funktionalen Anforderungen werden aus den Spezifikationen der übergeordneten Systemelemente beziehungsweise der Gesamtsystemspezifikation abgeleitet.

4.3.8.2.4 Schnittstellenrealisierung

In der Schnittstellenrealisierung erfolgt die Verfeinerung der funktionalen Anforderungen aus der Schnittstellenbeschreibung. Anforderungen und Schnittstellen werden konkretisiert, verfeinert und den Systemelementen der darunter liegenden Hierarchieebene zugeordnet.

Grundlage der Schnittstellenrealisierung ist die Systemarchitektur beziehungsweise eine Unterstützungs-Systemarchitektur des übergeordneten Systems. Die hierarchische Struktur wird in den Architekturen im Rahmen der Dekomposition identifiziert.

4.3.8.2.5 Verfeinerung nicht-funktionaler Anforderungen

Die Verfeinerung nicht-funktionaler Anforderungen erfolgt parallel zur Verfeinerung der funktionalen Anforderungen in der Schnittstellenrealisierung. Die nicht-funktionalen Anforderungen werden konkretisiert, verfeinert und den Systemelementen der darunter liegenden Hierarchiestufe zugeordnet.

Die verfeinerten Anforderungen bleiben als eigenständige Anforderungen bestehen oder werden in die Schnittstellenrealisierung integriert.

4.3.8.2.6 Anforderungsverfolgung

Im Rahmen der Anforderungsverfolgung wird zusammenfassend die Zuordnung der funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen an das Systemelement auf die verfeinerten Anforderungen und auf untergeordnete Systemelemente dargestellt. Grundlage sind die Ergebnisse der Schnittstellenrealisierung sowie der Verfeinerung nicht-funktionaler Anforderungen. Die bidirektionale Verfolgbarkeit (d.h. von übergeordneten zu untergeordneten Systemelementen und umgekehrt) muss dabei sichergestellt werden. Die Darstellung kann beispielsweise anhand einer Matrix erfolgen.