1 Teil 1: Grundlagen des V-Modells

1.3 Managementmechanismen und Projektdurchführung

1.3.8 Risikominimierende Projektsteuerung

Das V-Modell definiert Projekteigner und Lenkungsausschuss als dem Projekt und dem Projektleiter übergeordnete Rollen, die den Projekterfolg mitverantworten und wichtige Steuerungsentscheidungen treffen. Wie Abbildung 16 zeigt, stellt der Projektleiter dem Projekteigner bzw. dem Lenkungsausschuss zu jedem Entscheidungspunkt den aktuellen Projektstatus vor und macht einen Vorschlag (bzw. alternative Vorschläge) für das weitere Vorgehen. Grundlage dafür ist ein aktueller, konsolidierter Projektstatus, zu dem alle fertig zu stellenden Produkte qualitätsgesichert vorliegen.

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Abbildung 16: Vorstellung des Projektstands durch den Projektleiter am Entscheidungspunkt

Dieser Vorschlag mündet dann (ggf. modifiziert) in eine Projektfortschrittsentscheidung. Diese gibt das Budget und die Ressourcen für den nächsten Projektabschnitt frei und formuliert ggf. Auflagen für den nächsten Abschnitt des Projekts. Sollte die Entscheidung über den Projektfortschritt negativ ausfallen, kann im Einzelfall festgelegt werden, dass der Entscheidungspunkt wiederholt wird (dann müssen die jeweiligen Produkte erneut vorgelegt werden), das Projekt grundsätzlich neu aufgesetzt oder sogar ganz abgebrochen wird. Durch dieses Vorgehen ergeben sich die folgenden Vorteile:

Projektleiter, Projekteigner und Lenkungsausschuss legen zusammen fest, wer an welchem Entscheidungspunkt die Entscheidungskompetenz trägt: Je weiter die Konsequenzen aus der Entscheidung sichtbar sind, desto höher sollte sie „aufgehängt“ sein. Die getroffenen Festlegungen dokumentiert der Projektleiter im Projekthandbuch als Teil des Projektdurchführungsplans.

Abbildung 17 zeigt dies an einer nicht repräsentativen, beispielhaften Folge von Entscheidungspunkten in einem Projekt. Der Lenkungsausschuss trifft hier die Entscheidung über die Anforderungen, die Abnahme und den Projektabschluss. Der Projekteigner entscheidet über die Projektorganisation, die Ausschreibung und den Vertragsschluss. Im Einzelfall kann auch der Projektleiter die Entscheidung treffen. Dies bietet sich insbesondere bei Entscheidungspunkten an, die eine Abstimmung mit dem Auftragnehmer bedeuten oder die sehr entwicklungsnah sind.

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Abbildung 17: Beispiel für die Festlegung der Entscheidungskompetenz im Projektdurchführungsplan

Der Lenkungsausschuss muss zur Entscheidungsfindung nicht zwingend persönlich zusammenkommen. Die Projektfortschrittsentscheidung kann auch per Umlaufverfahren oder via E-Mail getroffen werden. Ebenso ist es möglich, mehrere Entscheidungspunkte innerhalb eines Zusammentreffens des Lenkungsausschusses zu behandeln. Dieses Vorgehen kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn der Projektablauf zuvor in mehrere parallele Entwicklungsstränge aufgeteilt wurde. Die Zusammenfassung von Entscheidungspunkten birgt allerdings auch Risiken und sollte auf keinen Fall für „wichtige“ Entscheidungspunkte vorgenommen werden: Speziell die Entscheidungspunkte Projekt genehmigt, Projekt definiert, Anforderungen festgelegt, Projekt ausgeschrieben, Projekt beauftragt, Iteration geplant, System spezifiziert und Abnahme erfolgt sollten im Projekt tatsächlich als Quality Gates gelebt werden, die erst ordnungsgemäß und erfolgreich durchlaufen werden müssen, bevor das Projekt weiter fortfahren darf. Jeder Entscheidungspunkt (außer Projekt genehmigt und Projekt abgeschlossen) erfordert einen aktuellen Projektplan und führt zu einer expliziten und dokumentierten Projektfortschrittsentscheidung. Diese muss nicht unbedingt als Dokument vorliegen, sondern kann beispielsweise auch per E-Mail erfolgen. Als Entscheidungsgrundlage sollte außerdem ein Projektstatusbericht vorliegen, der ggf. auch in Form einer Präsentation geliefert wird. An Entscheidungspunkten, die einen hohen Prüfanteil besitzen, wie z.B. Abnahme erfolgt oder System integriert bietet sich auch die Erstellung eines zusammenfassenden QS-Berichts an. Projekthandbuch und QS-Handbuch dokumentieren und begründen die im Projekt getroffenen Regelungen.